Geschlossene Gesellschaft

Dokumentarfilm, 88 Min., D 2011


Buch & Regie: Regina Schilling

Kamera: Johann Feindt, Jörg Adams, Hajo Schomerus, Patrick Doberenz

Schnitt: Barbara Gies

Produktion: zero one film in Kooproduktion mit dem SWR


Die 100-Jahr-Feier der Odenwaldschule 2010 bildet die Klammer des Dokumentarfilms „Geschlossene Gesellschaft“ von Luzia Schmid und Regina Schilling über die Missbrauchsfälle am hessischen Reforminternat. Der eigentlich freudige Anlass gerät zum Forum der verschleppten Aufarbeitung unvorstellbarer Gewalttaten. Ausgerechnet dort, wo man nach dem Krieg angetreten ist, seine Schüler zu freien Menschen zu erziehen – Leitspruch: Werde, wer du bist – sollen der frühere Schulleiter Gerold Becker und 17 andere Täter Jugendliche durch sexuelle Übergriffe fürs Leben traumatisiert haben. Nicht ohne Sympathien für den Geist der Schule, den sie mit historischen Fotos beschwören, versuchen die Autorinnen das Versagen eines Schulmodells zu ergründen und geben schon mit dem Titel einen wichtigen Hinweis. Die mit der Odenwaldschule verbandelte Elite hat ihren alleinherrschenden Lieblingspädagogen Becker stets gedeckt und so dafür gesorgt, dass der nach seinem Ausscheiden 1985 nie zur Rechenschaft gezogen wurde. Ganz ohne marktschreierische Schuldzuweisungen zeigen Schmid und Schilling Lehrer, die sich ihrer Mitverantwortung stellen, ihrer Blindheit, ihrer Feigheit, bereit sind, ihr Bild von Becker, der Schule und der eigenen Rolle zu revidieren. Der Film entlässt den Zuschauer betreten: Auf dieser Schule lastet eine schwere Hypothek, die Schmid und Schilling unaufgeregt benennen und aufwühlend reflektieren.
Aus der Begründung der Grimme-Preis-Jury